Jvan Steiner, Digital Media Manager
Da die körperliche Leistungs- und Funktionsfähigkeit ein wichtiger Faktor für den Verlauf nach einer Operation, die Komplikationsrate und auch für den Erfolg der Rehabilitation ist, sollten die Patienten bei elektiven Eingriffen gezielt vorbereitet werden. Diese Behandlung, bei der Kraft, Beweglichkeit und Ausdauer vor einer Intervention gezielt aufgebaut werden, wird Prähabilitation oder englisch Prehabilitation (PreHab) genannt. Dieser moderne Ansatz steht aktuell zwar wissenschaftlich gesehen noch recht am Anfang, das Potential scheint aber sehr gross zu sein.
Die Prähabilitation startet mindestens vier Wochen bis zu drei Monate vor einer Behandlung. So gelingt es, die Lebensqualität des Patienten sowohl prä- als auch post-operativ zu erhöhen und die Komplikationsrate zu senken.
Lebensqualität erhöht sich vor und nach der OP
Die Methode umfasst sowohl physiotherapeutische Massnahmen, personalisiertes Training als auch Ernährungsinterventionen. Damit soll ein «für den individuellen Patienten» möglichst guter Status der körperlichen Leistungs- und Funktionsfähigkeit erhalten oder dieser verbessert werden. Die Prähabilitation startet mindestens vier Wochen bis zu drei Monate vor einer Behandlung. So gelingt es, die Lebensqualität des Patienten sowohl prä- als auch post-operativ zu erhöhen und die Komplikationsrate zu senken. Da dieses wissenschaftliche Feld noch jung ist, existieren teilweise kontroverse Daten. Dies liegt zum einen daran, dass viele der bisher durchgeführten Studien an relativ kleinen Studienkollektiven sowie mit einer relativ kurzen Follow-up-Dauer durchgeführt wurden. Zum anderen sind die untersuchten Interventionen in Bezug auf die Belastungsgrade und Belastungsformen unzureichend beschrieben, so dass bisher eine Vielzahl an heterogen Therapieregimen verwendet und «ausprobiert» wurden.
Prähabilitation verkürzt Zeit im Spital
Unter dem zunehmenden ökonomischen Druck verkürzen sich seit Jahren die Krankenhausverweildauern. Seit dem 1. Januar 2019 gilt zudem das Prinzip «ambulant vor stationär», was dazu führt, dass bestimmte Eingriffe nur noch vergütet werden, wenn sie ambulant durchgeführt werden. Nichtsdestotrotz muss die Behandlungsqualität zum Wohle des Patienten weiterhin auf höchstem Niveau gesichert bleiben, was ebenfalls neue Behandlungsansätze erfordert. Die Prähabilitation durch die Sport- und Bewegungsmedizin ist im Kontext der verkürzten Patientenpfade einer dieser neuen Ansätze, welcher den ökonomischen und den qualitativen Anforderungen Rechnung trägt.
Die Erkenntnisse zum Training kommen aus dem Leistungssport und werden nun nach einem translationalen Ansatz bei anderen Patienten angewendet.
Erfolgsversprechende erste Fälle
Das Universitäre Zentrum für Prävention und Sportmedizin verfolgt den Ansatz der Prähabilitation nach ersten erfolgsversprechenden Einzelfallbehandlungen sowohl im klinischen Alltag als auch in der Forschung weiter. Aktuell arbeiten die Experten daran, dieses Behandlungsmodell in der klinischen Routine auszubauen und einer breiteren Patientengruppe anzubieten. Die Erkenntnisse zum Training kommen aus dem Leistungssport und werden nun nach einem translationalen Ansatz bei anderen Patienten angewendet. So werden über standardisierte Verfahren mit klarer Beschreibung der Intervention in Bezug auf die Belastungsnormative neue wissenschaftliche Erkenntnisse abgeleitet. Daraus entsteht ein Basismodell für den Prähabilitationsansatz, der eine Leitlinie für die zukünftige präoperative Vorbereitung in unserer Klinik, aber auch darüber hinaus sein wird. Somit veranschaulicht die Maxime der Hochleistungssportler «Victory is paid for in sweat, courage, and preparation» auch die entscheidende Relevanz der Prähabiltation für alle Patientinnen und Patienten.